Ein Flugzeug mit über hundert Menschen an Bord
zerschellt an einer Felswand, übrig bleiben tausende von Einzelteilen – Blech –
Stoff – Fleisch… zerstreut zwischen Steinen. Unvorstellbar und alles, weil ein
junger Mensch dies scheinbar so für sich entschieden hat, für sich und alle
anderen die er angeblich mit sich in den Tod riss.
Wir, der Rest der Welt stehen mehr oder weniger fassungslos
vor diesem Ereignis. Diesmal trifft es uns härter, warum? Weil wir eine
direktere Verbindung dazu spüren, Barcelona – Düsseldorf, für uns so nah,
erinnert uns an Eigenes, hätten auch wir sein können. Man ertappt sich beim
Bewerten dessen, was geschehen ist, wie viele Deutsche, Kinder, Jugendliche?
Ein Versuch zu sortieren, Ordnung ins Chaos zu bringen. Menschen, aus unserer Mitte, ihnen fühlen wir
uns näher, deren tragisches Schicksal reibt stärker an unserer
Empfindungsfähigkeit, als wäre irgendwo weit weg eine uns fremde Airline ins
Meer gestürzt. Dann hadern wir mit unserem Wertesystem, das schlechte Gewissen
überlagert die Betroffenheit und am Ende klagen wir auch noch Menschen an,
deren öffentliche Betroffenheitsbekundungen wir in Zweifel ziehen, weil sie aufdoktierten Normen zu entsprechen
versucht, nur um gerade jetzt nichts falsches zu sagen.
Und all das, weil wir nicht wirklich wissen mit unseren
eigenen Gefühlen umzugehen.
Ob Prominente oder Personen im nicht öffentlichen Leben, wir
sind alle nur Menschen, am Rande des Verstandes angekommen, angesichts solcher
Ereignisse.
Auch ich stehe in solchen Momenten wie alle anderen am Rande
des Verstehens, an diesem Abgrund, der uns die eigene Endlichkeit und die Macht
eines einzigen kurzen Augenblicks vor Augen hält und bin in meiner Meinungsbildung, wie all die anderen, angewiesen auf Medienberichte, welcher Art auch immer.
Das Leid der Angehörigen spiegelt die eigene Angst wieder, eines Tages ähnliches erleben zu müssen und wir werden es alle in irgendeiner Form früher oder später, denn Tod und Vergänglichkeit lassen sich in unserem oberflächlich schillernden Alltag nicht auf ewig verbannen.
Das Leid der Angehörigen spiegelt die eigene Angst wieder, eines Tages ähnliches erleben zu müssen und wir werden es alle in irgendeiner Form früher oder später, denn Tod und Vergänglichkeit lassen sich in unserem oberflächlich schillernden Alltag nicht auf ewig verbannen.
Nun scheint bezüglich dieses Flugzeugunglücks klar zu sein,
dass ein junger Copilot die Entscheidung getroffen hat, seinem Leben ein Ende
zu setzen auf eine so spektakuläre Art, dass die ganze Welt davon erfahren
muss. War es das, was er wollte? Wie groß muss dann die Bedeutungslosigkeit
gewesen sein, die diesem Ereignis gegenüberstand und es förmlich herbei
gezwungen hat. Reine Spekulation – vielleicht wird man ja doch noch einen
politischen Hintergrund ermitteln.
Dennoch, ich erinnere mich unweigerlich an die Momente, in
denen ich selbst in ein Flugzeug gestiegen bin, mit diesem flauen Gefühl im
Magen, mich einer Maschine und einigen Menschen anzuvertrauen, ja mein Leben
für ein paar Stunden in deren Hände zu legen, ohne zu wissen, wer sie sind, sie
nicht einmal gesehen zu haben. Wir tun
das oft mit einer unreflektierten Selbstverständlichkeit, die mich gerade ein
wenig erschreckt.
All das können wir nur tun, in dem wir Eventualitäten
ausblenden – ohne diesen Mechanismus würde unser ganzes System nicht
funktionieren, denn würden wir nicht ausblenden, würden wir so manches nicht
tun können.
Tagtäglich fahre ich mit meinem Auto auf der Straße,
vertraue meinem gesundheitlichen Zustand, dass er stabil bleibt, vertraue aber
ebenso auf den körperlichen und geistigen Zustand meiner Mitmenschen, die mir
mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 100 km pro Stunde
entgegenrauschen, so knapp an mir vorüber, dass gerade mal ein Stuhl zwischen
uns Platz fände. Eine falsche Bewegung und wir wären im schlimmsten Falle beide
tot. Und das ist nur der Normalzustand, von all den anderen, die keinem Stuhl
zwischen uns Platz lassen spreche ich erst gar nicht. Ich wundere mich immer
wieder, dass nicht viel mehr Unglücke geschehen, dass Angesichts unseres sozial
und emotional desolaten Zustandes auf dieser Welt nicht weitaus mehr Menschen
durchdrehen. Scheinbar hängt jeder noch ausreichend an seinem Leben. Aber wie
lange noch? Burnout – Blackout – Drogenkonsum – Fanatismus, oder einfach nur gieriges Gewinnstreben, alles
Unglücksherde, die verheerendes anrichten können und wir nähren fleißig weiter
deren Boden.
Ich ertappe mich selbst, wie ich im Rad des Geschehens immer schneller mitlaufe – um mithalten zu können, womit eigentlich? Ich spüre deutlich, wie leer es sich anfühlt und trotzdem renne ich noch weiter. Vielleicht weil es natürlich ist. Ich vergleiche es mit dem Sport, wenn ich laufe, kommt der Zeitpunkt, an dem ich weiß, dass die Kraft ausgeht und ich allmählich auslaufen muss. Vollbremsungen sind nicht immer sinnvoll. Auslaufen, mit dem Bewusstsein, dass sich der Zustand in dem ich mich befinde ändern wird und gezielt die Veränderung einlenke.
Ich ertappe mich selbst, wie ich im Rad des Geschehens immer schneller mitlaufe – um mithalten zu können, womit eigentlich? Ich spüre deutlich, wie leer es sich anfühlt und trotzdem renne ich noch weiter. Vielleicht weil es natürlich ist. Ich vergleiche es mit dem Sport, wenn ich laufe, kommt der Zeitpunkt, an dem ich weiß, dass die Kraft ausgeht und ich allmählich auslaufen muss. Vollbremsungen sind nicht immer sinnvoll. Auslaufen, mit dem Bewusstsein, dass sich der Zustand in dem ich mich befinde ändern wird und gezielt die Veränderung einlenke.
Und was hat all das mit dem Flugzeug an der Felswand zu tun?
Ich versuche Zerrissenes wieder zusammenzufügen. Dieser Copilot hat scheinbar nicht nur
sich, das Flugzeug und seinen kompletten Inhalt innerhalb von Sekunden
zerrissen, sondern auch so manches Bild in unseren Köpfen, Bilder von
Sicherheit und Vertrauen und anstatt dessen uns das grausame Bild der
Endlichkeit menschlicher Existenz wieder vor Augen gesetzt aber auch die Folgen
und Auswirkungen eines schleichenden und scheinbar nicht erkannten psychischen Zusammenbruchs einer Einzelperson.
Vor diesem geistigen Auge packe ich den jungen Mann an den Schultern und
schüttle ihn in der Hoffnung auf eine Antwort. Doch das einzige was mein Auge
erblickt ist ein Gesicht, gezeichnet durch diese Zerrissenheit zwischen
abgrundtiefer Bedeutungslosigkeit und der Sehnsucht wahrgenommen zu werden. Das
Wort Schuld scheint mir an dieser Stelle deplaziert. Ich sehe nur die Folgen
menschlicher Einsamkeit und die Handlung eines jungen Mannes, eingepfercht in
einen finsteren Tunnel, der nur einen Ausweg hat. Ob all das überhaupt der Wahrheit entspricht, wissen wir nicht, und ob es politische
Hintergründe hat, oder private, wo ist da der Unterschied? Das einzige, was
stehen bleibt in meinem inneren Bild ist ein wachsendes Bewusstsein für
Verantwortung – die Verantwortung dafür, meinem Nächsten das Gefühl von
Bedeutungslosigkeit zu nehmen. Und warum sollte ich es tun? Ganz einfach… weil
ich weiß, dass ich es kann.
So mancher mag sich nun fragen, warum erwähnt sie die Angehörigen nicht.... weil ich jetzt gerade im Empfinden unter ihnen stehe und ihre Blickrichtung versuche zu teilen - in der Hoffnung erträgliche Antworten zu finden - desshalb.
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