Winterregen hüllt mich in ein finsteres Violett und treibt
mir die lichtfarbenen Spitzen von Wortfetzen eins nach dem anderen, unsensibel
unter die Haut.
Schleichwege in die Untiefen meines Inneren entgehen meiner
Aufmerksamkeit und ich vermag nicht einzufangen, was auf deren Mitten und
Seiten sich tummelt.
Es ist entsetzlich kalt am Straßenrand und ich gehe wieder
einen Schritt und starre in spiegelnden Asphalt um mich im nächsten Augenblick
umzudrehen… und dich anzusehen, doch mein Blick verliert sich in der
Zwischenzeit im Zwischenraum und trifft dich nicht mehr. Ich höre es klirren,
als er zu Boden fällt, und folge dem Fluge tausend kleinster bunter Splitter.
Unterwegs sind wir, und nicht nur wir, von einer Zeit in die
andere wandern wir durch eine unkonstante Unbekannte, welche uns mutwillig
fallen lässt, während wir immer noch glauben, Fehler zu begehen. Wir proben das
Fallen und Aufstehen, üben das Sterben und das Wiedererwachen, feiern Erfolge
und niemand applaudiert.
Es zerreißt die Zeit den Raum und gaukelt uns spielend
Wirklichkeiten vor, die wir für Wahrheit halten um sie im nächsten Augenblick
aus dem Blickfeld gleiten zu sehen und uns zweifeln lassen am Sinn unserer
Aktionen.
Still weinen wir um ein ungelebtes Leben, welches tief in
unseren Katakomben mumiengleich verharrt und auf Entwickelung wartet, doch wir
halten weiter fest am falschen Stab im Glauben, er führe uns aus der Wüste und
laufen weiter im Kreis während unsere Kinder verdursten.
Ich kreise kreischend um meinen Gedanken und zerschelle an
der nächsten Wand und wieder fliegt mein Blick zu dir während ich hoffe, ihn
einzuholen, um dir endlich nahe zu sein, so nahe, wie ich es nie war, noch nie
war und vielleicht nie sein werde, denn ich müsste mich verlassen um bei dir,
um in dir zu sein. Meine heiligen Höhlen müsste ich entweihen, in denen ich
geboren wurde und ganz sicher würde ich allmählich darin sterben und deshalb
bleibe ich in der Zwischenwelt, den einen Fuß im Alles, den anderen im Nichts
und fühle mein Zerreißen, tagtäglich zerreiße ich ein Stück weiter und am Ende
werde ich Narbe sein, gestählt durch einen andauernden Schmerz, umhüllt von
fragilen Gedanken.
Ich sehe hinunter in den Spiegel des violetten Winterregens,
lasse meine Träne auf seine Oberfläche perlen, das Bild der Realitäten
verzerren und mir verständlich machen. Doch weinende Augen lassen sich schwer
tragen, ich senke ihre Lider und der Fluss versiegt in Vergessenheit. Ein
Ruck im Rückgrat erinnert mich an meine Größe, welche unsichtbar bleibt und ich
agiere unbemerkt in unverschämter Sicherheit, bereit mich zu verantworten,
jenen, welche sich verfragen an mir.
Verstört blicke ich auf die Wunden der anderen und sehe
rohes Fleisch hinter weißen Gardinen. Grotesk appetitlich verwundet und mit
vermeintlich brillierender Intelligenz gekrönt, drückt diese so schwer aufs
Herz, dass es bricht unter der Last. Metallene Bruchklänge in finsterem Vakuum.
Wahrhaftigkeit ist augenblickliches Empfinden, so tief – so
raumgreifend aus mir schöpfend, dass nichts mich leugnen könnte. Ich erhebe ein
weiteres Mal mein Haupt und meine Lider, und das Glas meiner Augen bricht alles
Licht aus der Welt und formt es zu einem atemberaubenden Bild, welches ich
endgültig in dir versenke auf dass du mich nicht mehr zu vergessen vermagst.
Liebe mich wahrhaftig, wenn du begreifst, was die Welt damit meinen mag und
vergiss mich dabei, denn ich habe keine Bedeutung.
Der Winterregen weicht dem Wind, es springt ein weißer
Reiter durch die Wand, entreißt mein altes Sein und entflieht in unfassbare Vergangenheit.
Ich löse mich, verbinde neu… entwirrte Netze, baue einen Fels und verankere
mein Sein im Glauben an eine Wirklichkeit welche ich teilen mag – mit dir.
Nicht einfach das Leben. Für Künstlerseelen ohnehin nicht. Den Winterregen kann man aber auch nutzen. Ich gehe gerne auch mal im Regen spazieren. Dort gehen wo andere nicht gehen, weil sie zu bequem oder zu feige sind diese Wege zu nehmen. Der wahre Künstler nimmt auch Wege di nicht bequem sind. Nimmt Risiken in Kauf. Geht durch Schnee, Sturm und Regen wenn er sich ein Bild erhofft.
AntwortenLöschenIch mag deine Texte. Sie zeigen ein inneres Wesen, das Anteil nimmt an kreativen und sehr lebendigen Prozessen in uns selbst. Danke das du mich daran teilhaben läßt. Immer weiter Nadja immer weiter, nicht stehenbleiben im Winterregen ;-).