Montag, 2. Dezember 2013

"Identitätenwechel"





Identitätenwechsel




Wie lange hab ich nun an diesem Bild gearbeitet. Als ich im Juni 2012 begann war mir bewusst, dass sich das, was ich als meine Identität empfinde ändern wird, dass ich einen altvertrauten Teil von mir verlieren werde. Ich werde loslassen müssen, mich Neuem zuwenden, das war klar. 

Was ich auf der Leinwand vor mir sichtbar gemacht hatte, zeigte mir ein Gesicht, dessen rechtes Auge bereits fest verschlossen war, wie zugewachsen, ebenso die Gesichtstruktur, die wie eine Maske aus einer alten Zeit wirkt und allmählich schrumpft. Die alte Form wurde zu klein, das Neue bricht hervor und sucht mit einem gewaltig großen und weit geöffnetem Auge nach dem, was folgen wird. 

Wo gehe ich hin? Wer werde ich sein?


Quer über das Gesicht laufen Fragmente, Teile einzelner Erfahrungen und Erkenntnisse, die das Alte vom Neuen trennen. Diese Fragmente fügen sich aneinander, passend, Eines zum Anderen und ergeben gemeinsam eine erkennbare Form, bilden ein Zeitfenster der Wandlung, einen Prozess, in dem etwas geschieht.

Dann, innerhalb weniger Stunden geschieht etwas Unerwartetes. Während ich in tüsterer Finsternis über jener Frage des „wer bin ich“ brüte, entspringt aus meinem tiefsten Urgrund eine Gestalt, geladen mit neuer Energie und zum Sprung bereit. So entstand zuallererst die kleine Erzählung:  "Der Tag des Springers".


Nun musste ich nur noch die Figur dieses Springers ins Bild einbauen, ins Blickfeld des Gesichtes rücken um sie endgültig erkennbar werden zu lassen.


Wen oder was verkörpert der Springer?


Die Gabe zu springen ist gleichzusetzen mit der Fähigkeit in hoher Geschwindigkeit den Standort zu wechseln und somit auch die Blickrichtung. Wer den Standort wechselt, sieht die Dinge aus einer anderen Richtung. Wer mehrmals hintereinander die Blickrichtung wechseln kann, ist in der Lage, ein Ding, eine Struktur oder ein Ereignis  von möglichst so vielen Seiten zu betrachten, dass das Bild des betrachteten Objektes wie ein Hologramm vor dem inneren Auge erscheint. Ich befinde mich innerlich in einem 3-D Raum (die anderen Dimensionen lasse ich vorerst weg). Auf diese Weise werde ich die Welt und ihre Ereignisse anders wahrnehmen, als würde ich die Dinge immer von einer anderen Seite aus betrachten. Mein Weltbild ändert sich und bietet mir vielfältigere Möglichkeiten.


Aber nicht nur die mannigfaltige Betrachtungsweise der Welt, sondern auch die Fähigkeit, Standpunkte dann zu wechseln, wenn die bisherigen unbrauchbar erscheinen und zwar zum richtigen Zeitpunkt.

Wer die Geschichte „der Tag des Springers“ gelesen hat, weis, was ich damit meine. 

Es geht um die eigene Kreativität, darum, die innere Welt zu einer Realität werden zu lassen, die ich bewusst steuern kann, worin ich die Plätze wechseln kann, neue Gestaltungsmöglichkeiten zulasse und meine Kräfte gezielt nutze. Ich schaffe Raum und Grenzen, Trenn- und Verbindungslinien, Fluchtpunkte, Zielorte, Kommunikations- und Versorgungsleitungen. Ich mache mir eine innere Infrastruktur bewusst und baue sie nach meinen Bedürfnissen auf. 


Der Springer betrachtet und bewertet nicht nur die Welt um sich herum aus verschiedenen Richtungen, sondern auch sich selbst. Er betrachtet bewusst die verschiedenen Facetten seines Seins und gesteht sich die durch seine Kreativität bedingte innere Vielfältigkeit zu.

Das tiefe Nachempfinden einer Situation oder eines Befindens (Empathie) und die gleichzeitige Fähigkeit, sich im richtigen Moment davon wieder lösen zu können, bedingen einander. 


Die Figur im Bild ist frei, wobei Freiheit nicht mit Unabhängigkeit vom Umfeld gleichzusetzen ist, denn dies ist einem lebenden Organismus unmöglich, sondern hier geht es um eine uneingeschränkte Möglichkeit, sich den eigenen Standpunkt, auf dem Gedanken und Ansichten produziert werden, selbst auszusuchen. Je mehr Möglichkeiten einem eigenständig denkenden Individuum zur Verfügung stehen, desto weitreichender der Entscheidungsspielraum und somit auch dessen Freiheit. 


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