Die Erde ist ein fast rundes Gebilde und bewegt sich auf
ihrer Umlaufbahn stetig in ihrem eigenen Rhythmus und Tempo um die Sonne. Das
ist alles, was ich momentan in meinem Hirnraum erblicken kann, mehr brauche ich
allerdings nicht, da ich nichts anderes erfassen will, als die Tatsache, wie es
sich mit dem Verhältnis von Oberfläche zum Innenraum verhält. Ich habe nichts
anderes als meine Erfahrung und mein Vorstellungsvermögen. Das muss erst einmal
reichen. Lückenhaftigkeit in meinem Wissen muss ich hinnehmen, zumindest für
heute.
Ich spreche mit anderen Menschen oft über das Thema
Oberflächlichkeit, wobei das auch nicht ganz richtig ist, da wir während des
Gespräches nicht einmal in die Tiefe gehen, sondern meistens an der Oberfläche
bleiben. Die Zeit reicht nicht mehr, um in Alltagsgesprächen in Tiefen
abzutauchen – tiefgründig zu werden, außer man beherrscht die Kunst der Weisen,
Tiefgründiges in kurzen prägnanten Sätzen von sich zu geben, was allerdings nicht
viel nützt, wenn das Gegenüber keine Zeit hat, sich in den Satz zu vertiefen.
Ich blicke tief in meinen Hirnraum… dort ist es finster. Hin
und wieder sehe ich Lichter blitzen, wie Sterne in einem Universum. Das sind
die Punkte, an denen sich Energien treffen,
die in irgendeiner Form miteinander in Verbindung stehen. Ich lasse sie ihre
Arbeit machen und versuche möglichst nicht zu stören. Vor einigen Tagen warf
ich eine Frage in den dunklen Raum mit den Lichtpunkten und plötzlich sah ich,
wie sich all diese Punkte gierig darauf stürzten, wie Piranhas, die seit Wochen
nichts zu fressen bekamen.
„Was bedeutet Oberflächlichkeit?“
Dazu muss ich dringend sagen, dass ich nicht frage, was
Oberflächlichkeit generell und für alle anderen bedeutet, sondern, was ich
damit anfangen kann und wie ich diese Eigenschaft beurteile.
Schnell habe ich einen Anderen als oberflächlich
abgestempelt, der nicht diese spezifischen Merkmale eines Denkakrobaten wie ich
einer bin aufweist. Dieser Denkakrobat, der hier an der Arbeit ist, vollführt
Bewegungen, wie ein Schwimmer, der von einem 15 Meterturm ins Wasser springt,
um sein Leben kurz vor dem Aufschlag am Beckenboden zu retten, in dem er hastig
und knapp am Absaufen wieder auftaucht. Nach dem der Akrobat diesen Akt
mehrmals täglich und auch nachts so lange wiederholt hat, bis ihm der Kopf
platzt und die Zunge aus dem Halse hängt, sieht auch dieser Irre endlich ein,
dass er sich eine Plattform schaffen muss, auf der er sich endlich eine Weile
erholen kann von dieser suchtartig betriebenen Beschäftigung, die immer noch
keinen rechten Sinn erkennen lässt.
Da taucht ein Lichtblitz aus der Dunkelheit auf und spricht…
„Schnelles und sprunghaftes Denken hat nichts mit Tiefgründigkeit zu tun, auch
wenn es tief tauchen kann. Es ist mit nichts anderem beschäftigt, als damit,
sich selbst zu erhalten – es ist als würde man eine Suppe in einer irren
Geschwindigkeit umrühren. Die Suppe bleibt die gleiche, ist nur schneller in
Bewegung. Das verbraucht Unmengen an Energie.“
Gut, jetzt sehe ich wieder die Erde im Raum schweben. Sie
hat eine Oberfläche. Im Inneren dieser Kugel ist die Materie unseres Wissens
nach heiß und flüssig. Hier sehe ich den Gegensatz zwischen Tiefgründigkeit und
Oberfläche aber auch deren Zusammenhang. Das Eine wäre ohne das Andere nicht
das, was es jetzt ist. Ein Planet auf dem Leben gedeihen kann. Die reine
Oberfläche ist strukturiert, und wenn wir die Pflanzenwelt wegdenken bleibt
Erde und Stein. Erscheint einfach und simpel, nicht kompliziert. Das Einfache
ist überschaubar, einschätzbar und somit vertrauenserweckend. Das Komplizierte
ist unberechenbar, macht unsicher und schürt Angst.
Wieder sehe ich den Erdball. Muss ich jetzt die Oberfläche
der Erde anders bewerten als ihr flüssig heißes Innenleben, welches sich scheinbar
unberechenbar und oft sehr bedrohlich seinen Weg durch die Oberfläche presst
und um seine Austrittstelle alles Leben zerstört?
Der Denker urteilt über den vermeintlich Oberflächlichen…
vielleicht hat der Denker nicht ausreichend nachgedacht. Die Oberfläche hält
das Innere zusammen, sie gibt Schutz und Vertrauen, ist meist stabil, auf wenig
beschränkt aber zuverlässig.
Das Eine ist ohne das Andere nicht… ich werde mich hüten zu
urteilen. Weder ist der Tiefgründige heilig, noch der Oberflächliche verwerflich.
Hoch lebe dein Lachen und tief mein stilles Gebet.